Der Name steht in Köln noch heute synonym für ein Gefängnis: Der Klingelpütz!
„Klingelpütz“ war der Name des alten Stadtgefängnisses nahe dem Hansaring und der Kyotostraße. Benannt war das Gefängnis nach einer Straße gleichen Namens, die schon im 13. Jahrhundert in Köln verzeichnet war. Das Gelände gehörte früher einmal einer Familie Clingelmann. Auf dem Gelände gab es zahlreiche Brunnen, aus denen sich die Bewohner bedienen konnten. Der Begriff „Pütz“ ist ein alter Begriff aus dem kölschen Dialekt. Es kommt aus der römischen Gründerzeit Kölns und ist abgeleitet von dem lateinischen „Puetus“ für Brunnen. So wurde das Gelände bei den Kölnern abgekürzt „Klingelpütz“ genannt – zusammengesetzt aus „Clingelmann“ und dem kölschen Wort für Brunnen: „Pütz“.
Erbauung des Klingelpütz
Nach der Franzosenzeit gehörte die Stadt Köln ab 1815 zum Königreich Preußen. Nachdem man zunächst säkularisierte Klöster als Haftanstalten genutzt hatte, etwa das ehemalige Klarissenkloster „Zu den Schutzengeln“ (Schildergasse / Ecke Neumarkt), erwarben die Preußen am 28. Juni 1833 von der Stadt das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als Standort eines Augustiner-Chorherrenstifts „Herrenleichnahm“ dienende 26.267 Quadratmeter große Grundstück Klingelpütz 21 für den ersten Neubau einer Strafanstalt in der preußischen Rheinprovinz. Die Bauarbeiten begannen am 29. Mai 1835 nach Entwürfen des Kölner Regierungsbaumeisters Matthias Biercher (1797-1869). Der fertige Bau wurde am 15. Oktober 1838 als „Arrest- und Correctionshaus am Klingelpütz zu Cöln“ eingeweiht. Es handelte sich um einen dreigeschossigen Ziegelbau für 300 Zwangsarbeiter und 500 Gefangene. Die Innenmauer hatte eine für damalige Verhältnisse beeindruckende Höhe von mehr als 5 Meter, die äußere war sogar mehr als 6 Meter hoch. Das Mittelgebäude war in Form eines Oktagons gestaltet. Obwohl die Anstalt Platz für rund 800 Insassen bot, erwies sie sich bereits 1841 als zu klein. Deshalb wurden Notgefängnisse in der Severinstorburg und im Bayenturm eingerichtet. Ab März 1843 erfolgte dann die Erweiterung um den Südflügel, auch Isolierhaftflügel genannt, mit Einzelzellen für 180 Personen, die 1845 vollendet war.
Berühmte Insassen des Klingelpütz
Der wohl berühmteste Insasse des 19. Jahrhunderts war Kardinal Paulus Melchers (1813 – 1895), Kölner Erzbischof von 1866 bis 1885. Grund: Er hatte im Rahmen des Kulturkampfes geistliche Ämter unter Missachtung der preussischen Zuständigkeiten besetzt. Die daraufhin verhängte Geldstrafe zahlte er nicht, woraufhin er am 31. Mai 1874 verhaftet wurde und eine zehnmonatige Gefängnisstrafe verbüßte. Einer erneuten Haftstrafe entzog sich Melchers 1875 durch Flucht in die Niederlanden. Stadtgeschichtliche Folge davon: Ausgerechnet bei der feierlichen Einweihung nach Fertigstellung des Kölner Doms 1880 war der Kölner Erzbischof nicht anwesend.
Da der Klingelpütz über einen von außen nicht einsehbaren Hof verfügte, wurden in der Kölner Anstalt auch Todesurteile anderer Justizeinrichtungen im Rheinland vollstreckt. So wurden hier am 29. Dezember 1923 der in der Eifel als „Stumpfarm“ (er hatte in seinr Jugend den linken Unterarm durch einen Sprengstoffunfall in einem Steinbruch verloren) bekannte fünffache Mörder Johann Mayer (1886 – 1923) im Hofe des Klingelpütz durch Enthauptung mit der Guillotine hingerichtet.
Am 2. Juli 1931 wurde dort zudem der als „Vampir von Düsseldorf“ bekannte (mindestens) neunfache Serienmörder Peter Kürten (1883-1931) hingerichtet. Der Serienmörder trank regelmäßig das Blut seiner Opfer – daher der Name. Kürten wurde im Hof des Klingelpütz per Fallbeil hingerichtet. Er wurde ohne Kopf beerdigt, weil Wissenschaftler seinen Kopf ab abnorme Veränderungen untersuchen wollten.
Der Klingelpütz in der NS-Zeit
Während der NS-Diktatur wurde diese Praxis für Verurteilungen durch Sondergerichte (Aachen, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Hagen, Koblenz, Köln, Münster, Wuppertal), den Berliner Volksgerichtshof und das Leipziger Reichsgericht fortgesetzt – vermutlich kamen hier über 1.000 Menschen mit dem Fallbeil zu Tode. Der Klingelpütz war die zentrale Hinrichtungsstätte. Für die Nutzung durch die Geheime Staatspolizei war ab 1944 ein ganzer Flügel der Haftanstalt reserviert. Die durch andauernde Überbelegung ohnehin sehr beengten Haftbedingungen – für 1940 bis 1944 ist von zeitgleich 10.000 bis 15.000 Gefangenen die Rede! – verschlimmerten sich nochmals durch einen Bombentreffer im gleichen Jahr.
Die Nachkriegszeit
In der Nachkriegszeit galt die mittlerweile 120 Jahre alte Anstalt als deutlich zu klein. In der Mitte der 1960er Jahre häuften sich auch negative Schlagzeilen rund um körperliche Übergriffe von Vollzugsbediensteten auf Gefangene und um Gewalt unter Häftlingen („Klingelpütz-Affäre“). Im sog. „großen Klingelpütz-Prozess“ vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Köln mussten sich deshalb 1964 mehrere Gefängniswärter verantworten. Im Verlauf der Ermittlungen wurden „Klingelpütz“-Chef Walter Balensiefer, der leitende Gefängnisarzt Dr. Rolf Wachsmuth, sein Assistent Dr. Walter Schramm und drei weitere Beamte ihrer Ämter enthoben. In zwei Vorverfahren erhielten zwei Aufseher wegen Mißhandlung eines Gefangenen geringe Strafen. Der Gerichtsvorsitzende Schmitz-Justen brach zum „Klingelpütz“ auf, um die Station für psychisch kranke Häftlinge und insbesondere die Beruhigungszelle zu besichtigen. Er kehrte aus der Zelle mit der Erkenntnis zurück: „Ich hätte nicht ruhig schlafen können, wenn ich nur meinen Hund in diesem Loch gewußt hätte.“
Ausbrüche und Legenden
Auch Ausbrüche aus dem Gefängnis häuften sich – alleine zwischen 1960 und 1969 flohen 27 Gefangene. Eine letzte spektakulären Flucht gelang sieben Insassen am 23. August 1968 kurz vor der Schließung des Klingelpütz. Gleichwohl galt für die schweren Jungs des Kölner kriminellen Untergrunds: Ein richtiger Kölscher aus dem Milieu, der musste zumindest einmal im Klingelpütz gesessen haben. Das musste sein, um mitsprechen zu können. Der Kölner Geldfälscher Hans-Jürgen „de Duv“ Kuhl (*1941) saß hier ein und auch die Kölner Rotlichtgröße Anton „Lange Tünn“ Claaßen (*1947) verbrachte zweieinhalb Jahre im Klingelpütz.
Der neue „Klingelpütz“: Die JVA Ossendorf
Die bereits seit Ende der 1950er Jahre geplante neue Kölner Justizvollzugsanstalt in Ossendorf nahm 1968/69 ihren Betrieb auf, so dass nach der Verlegung der Gefangenen dorthin der Abriss des alten Klingelpütz erfolgen konnte – unter anderem durch eine große Sprengung am 4. Juni 1969. Auf dem ehemaligen Gelände der Haftanstalt wurde 1969-1971 ein zwei Hektar großer Klingelpützpark angelegt. Der innerstädtische Landschaftspark gilt aufgrund seiner großräumigen Anlage als zeittypisches Beispiel stadträumlicher Gestaltung. Auch die neue Justizvollzugsanstalt in Köln-Ossendorf bezeichnen viele Kölner heute noch als „Klingelpütz“.
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